Mangold mit Sardellen

Mangold – Das Marine und das Erdige

blog.dasmagazin.ch > Das Marine und das Erdige, von Christian Seiler, 14. Juni 2014.

Es gibt Grund zum Optimismus. Es ist nicht mehr langweilig, über die Märkte zu gehen und sich zwischen Krautköpfen und Wirsing entscheiden zu müssen. Spargel, klar, aber auch Mangold (= Krautstiel) springt ins Auge, seine bunten Stiele, die, wenn sie zeitig genug geerntet sind, auch nicht die Konsistenz einer Bambusstange haben, sondern frisch, elastisch und saftig sind, sodass es echt Spass macht, sich beim Rüsten ein Scheibchen abzuschneiden und roh in den Mund zu schieben.

Mangold, Mitglied der Fuchsschwanzgewächse, gilt uns als Verwandter des Spinats, aber während dieser vor allem mit seinen Blättern besticht und sich stielmässig zurückhält, verlangt der Krautstiel – wie der Name sagt – einen besonderen Umgang. Hat man die Strünke nicht gerade geerntet oder gekauft, wenn sie noch äusserst jung und entsprechend klein sind (und sich zum Beispiel bestens dafür eignen, als Salat verzehrt zu werden), empfiehlt es sich, Stiele und Blätter gesondert zuzubereiten. Zuerst werden die klein geschnittenen Stiele in etwas Olivenöl angeschwitzt und vielleicht zwei, drei Minuten sautiert, dann kommen die vom Waschen noch tropfnassen Blätter dazu, die ebenfalls nur Minuten brauchen, um gar, aber immer noch ein bisschen knackig und bissfest zu sein.

Mangold schmeckt am besten, wenn er nur kurz gegart wird. Ob man ihn anschliessend mit Zitronensaft und kräftigem Olivenöl würzt und zum Beispiel als Beilage zu einer deftigen Salsiccia serviert oder mit Sahne und reifem Käse zu einem molligen Gratin verarbeitet, ist eine Frage der Vorlieben, vielleicht auch des psychischen Zustands: kommt darauf an, ob man sich gerade mehr nach Sommer oder Spätwinter fühlt.

Ein sehr schönes, komplementäres Rezept für Mangold stammt aus Kalabrien. Dort wird der Mangold in der Hühnersuppe gegessen. Angaben für vier Personen: 300 Gramm Mangold werden zuerst gewaschen und klein geschnitten, dann in eineinhalb Litern heisser Hühnersuppe etwa zehn Minuten weich gekocht. Anschliessend werden vier Eier in die heisse, aber nicht mehr kochende Suppe gegeben. Das Eiweiss gerinnt, das Dotter bleibt ganz. Die Suppe wird auf vier Schalen verteilt, in jede Schale kommt ein Dotter. Zum Abrunden etwas Ricotta salata über die Suppe krümeln; dabei handelt es sich um entwässerte, gesalzene Ricotta, die sich bestens zum Würzen und Anreichern von Gerichten eignet.

Eine Zubereitungsmethode, die mir dieser Tage besonders grossen Spass macht, ist die Kombination von Mangold und Sardellen. Der erdige Gartengeschmack des Mangolds tendiert dazu, ohne entsprechenden Komplementärgeschmack ein bisschen fad über die Rampe zu kommen – ein Attribut, das für die eingesalzenen Acciughe, die kleinen europäischen Sardellen, nun gar nicht stimmt. Sie bestehen vor allem aus Geschmack, denn ihre Konsistenz – wenn man sie nicht aus dem Glas oder der Dose fischt, um sie aufs Butterbrot zu legen – kann sich sehr schnell verändern. Zum Beispiel so:

Schwitzen Sie eine in feine Ringe geschnittene Frühlingszwiebel und drei, vier geschälte und angedrückte Knoblauchzehen in etwas Olivenöl an, bis die Zwiebel glasig ist. Geben Sie dann etwa 25 Gramm Sardellenfilets (den Inhalt einer halben Dose) dazu und rühren Sie kräftig um. Die Sardellen lösen sich schnell auf – sie schmelzen und verwandeln sich in eine graubraune, nicht besonders ansehnliche Paste, die sich mit Zwiebel und Knoblauch bestens versteht.

Jetzt den Mangold zugeben, erst den in kleine Stücke geschnittenen Stiel, nach drei Minuten die in Streifen geschnittenen Blätter. Kräftig rühren, bis der Mangold ganz von Sardellensauce überzogen ist: Das Erdige und das deftige Marine verbünden sich zu etwas sehr Speziellem, füreinander Bestimmtem, Köstlichem.

Entweder mit Pasta kombinieren oder mit zwei, drei kurz gebratenen Lammkoteletts.